BIM to Field

Warum das digitale BIM-Modell direkt auf der Baustelle die Ausführung revolutioniert 

Wer heute noch mit Papierplänen auf der Baustelle auftaucht, spielt Roulette mit Zeit, Budget und Qualität. Im Zeitalter von Building Information Modeling (BIM) ist das nicht nur ineffizient, sondern geradezu fahrlässig. BIM to Field (oder B2F)– also die Absteckung und Übertragung des digitalen BIM-Modells direkt auf die Baustelle – ist die logische Weiterentwicklung der Planung. Es bringt Präzision, Verlässlichkeit und Transparenz dorthin, wo gebaut wird: auf die reale Baustelle.

Die Ausführung wird so nicht nur effizienter, sondern auch genauer, da Absteckungen nicht mehr manuell vermessen und notiert, sondern exakt zur geplanten Position übertragen werden – mit motorisch gesteuertem Tachymeter, Totalstation oder AR-Technologie. Wer jetzt noch wartet, verpasst nicht nur den Anschluss, sondern gefährdet aktiv Termine und Qualität.

Die digitale Baustelle: Bauen in 3D statt im Blindflug

Die digitale Baustelle beginnt mit einem dreidimensionalen Modell, das alle relevanten Plandaten auf die Baustelle bringt. Trassen, Verteiler, Schlitze oder Durchbrüche etc lassen sich als BIM-Markierungsdaten exportieren und mit tachymetrischen Aufmaßsystemen wie Flexijet oder motorisch gesteuerten Totalstationen auf der Baustelle markieren oder direkt bohren. Gerade bei Unebenheiten oder einem Versatz in der Ebene ist diese Technik sehr genau. Ein digitaler Plan auf dem Tablet ersetzt meterweise Papier und ermöglicht, die Planung präzise auf der Baustelle zu übertragen.

Professionelle Bauherren fordern mehr und mehr eine Planung nach BIM-Standard“, weiß Roman Hegglin, Head of Tech and Product bei der MegaCAD Group und gelernter Haustechnik-Planer mit langer Praxiserfahrung. „Für Planer und umsetzende Gewerke im Handwerk bedeutet das: ´Wer nicht mitzieht, bleibt stehen‘ und verpasst Aufträge und zukunftsweisende Projekte. Zwar gibt es noch Planungen ohne BIM, „little BIM“ hat schon überall Einzug gehalten. Einzelne Gewerke oder Disziplinen nutzen die meist selbst erfassten Daten zum eigenen Vorteil weiter.“

B2F bietet die Möglichkeit, die zuvor geleistete Vorarbeit auch praktisch zu nutzen: „BIM to Field macht Planung auswertbar für die Baustelle“, sagt der Experte. „Im Gegensatz zu klassischer Planung verbindet BIM to Field die Planung mit der realen Ausführung. Die im Modell enthaltenen Daten, wie Bohrpunkte, Bauteile, Achsen, Höhen, Rohrtrassen usw., können per Totalstation, Tablet oder Tachymeter direkt umgesetzt werden. Das bedeutet: Die geleistete Vorarbeit wird auf der Baustelle praktisch verwertbar, z. B. für die automatische Absteckung, Bohrpositionen oder Kollisionsprüfungen.“

 

Von der Baustelle ins Modell: Warum Field to BIM für Transparenz und Qualität entscheidend ist

Während BIM in der Planungswelt längst angekommen ist, bleibt der Rückfluss von Informationen – also der Weg von der Baustelle ins Modell – in vielen Projekten häufig noch ein Fremdwort. Zu viele Entscheidungen werden heute noch erst auf der Baustelle getroffen, weil Daten fehlen oder nicht stimmen. Das betrifft etwa Rohrlängen, Materialien, Zuschnitte. Mit BIM direkt vor Ort sehen Monteure sofort, ob eine geplante Installationsführung auf Kollisionen trifft oder ob ausreichende Montageräume vorhanden sind.

Dabei ist genau dieser Field to BIM-Prozess essenziell: Nur wenn Ist-Daten auf der Baustelle erfasst und ins Modell zurückgespielt werden, entsteht ein wirklich belastbares digitales Abbild des Gebäudes. „Der Rückfluss der Baustellen-Daten ist für SHK-Projekte in der Praxis sehr wichtig. Leider löst man auftretende Probleme auf der Baustelle ohne eine Rückmeldung ins Büro. Hier haben Ausführende Betriebe einen Vorteil, da dort die Planung viel näher an der Baustelle ist“, weiß Roman Hegglin.

Bauteilverfolgung und Dokumentation vor Ort, Fotobelege, Maßabweichungen und Nachträge können so kontinuierlich gesammelt und koordiniert dokumentiert werden. Das zeigt die aktuelle und tatsächliche Situation auf der Baustelle und reduziert Missverständnisse zwischen den verschiedenen Beteiligten an der Planung drastisch.

BIM to Field beschreibt also den Prozess, nicht ein einzelnes Softwaretool. Der Kern ist die modellorientierte Planungsmethode, die Planung und Ausführung in Echtzeit mitwirken lässt. Das digitale Modell ist die gemeinsame Sprache aller Gewerke, von Architekt bis Installateur. Wer plant, sollte verstehen, wie auf der Baustelle gearbeitet wird. Und wer montiert, braucht zur richtigen Zeit Zugriff auf die richtigen Informationen.

Hilti, Trimble & Co.: Digitalisierung direkt vor Ort

Tools und technische Lösungen zeigen, wie BIM to Field konkret aussehen kann. Der Jaibot von Hilti ist beispielsweise ein halbautomatischer, mobiler Baustellenroboter für Deckenbohrungen – und unterstützt vor allem Installationsunternehmen, produktiver zu arbeiten und dem zunehmenden Fachkräftemangel zu begegnen. Er bohrt Bohrpunkte aus dem BIM-Modell direkt an die Decke – auf den Millimeter genau. Über eine Cloud-Anbindung lässt sich das BIM-Modell direkt auf die Baustelle übertragen, wo es über Tablets oder AR-Brillen zugänglich ist.

Ein weiterer Schritt in Richtung einer digitalen Baustelle sind Megatrends wie Augmented Reality (AR) oder Virtual Reality (VR). Über mobile Endgeräte, transparente AR-Brillen oder Tablets werden der realen Umgebung digitale Elemente aus der BIM-Planung hinzugefügt. So erhält das Realbild zusätzliche digitale Informationen und Monteure vor Ort können das Modell auf die reale Baustelle übertragen. Virtual Reality hingegen schafft eine rein virtuelle Umgebung (etwa über VR-Brillen), z. B. für die gebäudetechnische Leitungsführung am Rohbau oder die Position von Installationsschächten. Das erhöht die Sicherheit und die Effizienz erheblich, gerade bei komplexen Funktionsbauteilen im eingebauten Zustand.

„Hilfsmittel wie Tachymeter sind Gold wert, um die Maßpunkte vom Plan auf die Baustelle zu übertragen oder um die Baumaße zu kontrollieren“ sagt Hegglin. „Das wird leider noch zu selten verwendet.“

Zukunftsfähigkeit durch politischen und wirtschaftlichen Rückenwind

Die Methode ist also weit mehr als nur ein technischer Trend, sondern wird zunehmend durch wirtschaftliche Notwendigkeit und politische Vorgaben befeuert. In der Schweiz etwa hat das Bundesamt für Bauten und Logistik (BBL) den Einsatz von BIM seit 2021 für größere Projekte schrittweise verpflichtend gemacht. In Deutschland verfolgt der Bund mit dem Stufenplan Digitales Planen und Bauen das Ziel, BIM bis 2025 flächendeckend im Infrastrukturbereich zu etablieren (Quelle: BMVI, 2020). Auch private Bauherren und Investoren fordern immer stärker transparente, digital dokumentierte und ressourcenschonende Planungsprozesse – Anforderungen, die ohne durchgängigen BIM-Workflow und BIM to Field-Methoden kaum noch wirtschaftlich umsetzbar sind.

Die Möglichkeit, bereits in frühen Projektphasen CO-Bilanzen, Materialverbräuche und energetische Optimierungspotenziale zu analysieren, macht BIM zudem zum Schlüssel für nachhaltiges Bauen – ein Aspekt, der bei ESG-Kriterien und Fördermodellen eine immer zentralere Rolle spielt.

Ausblick: Wer jetzt nicht digital baut, wird bald gar nicht mehr bauen

Digitalisierung ist kein Selbstzweck, aber BIM to Field ist ein echter Mehrwert. Planer sehen sofort, wie gut ihr Modell funktioniert. Monteure arbeiten sicherer und präziser. Bauherren sparen Geld und Zeit, weil Fehler früher erkannt werden. BIM to Field ist insbesondere bei großen Bauunternehmen bereits Standard – kleinere Betriebe müssen nachziehen. Das ist keine Frage der Software, sondern der Haltung zur Digitalisierung.

Und wer weiß, ob nicht bald noch weitere Vorteile von BIM-Planung deutlich werden – wenn sich etwa durch 5D-Simulationen auch die Faktoren Zeit und Ressourcen berücksichtigen und gemeinsam bearbeiten lassen, alles zentral im Modell.